Sonntag, 8. Juni 2014

Dekantieren - wieso eigentlich?!

Dekantieren. Einer der magischen Begriffe, der einem in der Weinszene begegnet. Selbst beim Einstieg in das Thema wird man quasi sofort damit konfrontiert. Dieser Vorgang soll bei vielen Weinen wahre Wunder wirken und sie positiv beeinflussen. Doch was ist das eigentlich, dieses "Dekantieren". Und wozu überhaupt der ganze Zauber?

Stibitzt von andreas-barkhausen.de

Dekantieren beschreibt den Vorgang des Umfüllens von Wein in ein der Luft ausgesetztes Gefäß inklusive gegebenenfalls längerer Verweildauer der Flüssigkeit in selbigem. Außerdem wird der Wein vom Bodensatz getrennt. Wird der Wein nur zum Belüften umgefüllt, so heißt es eigentlich Karaffieren.
Was braucht man dazu? Meist reicht eine Karaffe, die mittlerweile in allerlei wilder Formen und Ausführungen erhältlich sind. Es gibt auch andere Lösungen, aber dazu später mehr.
Sinn und Zweck dieses Vorgangs ist es, den Wein der Luft auszusetzen. Und das aus drei Gründen:

  • Aromen können sich dann erst richtig entfalten
  • Tannine werden weicher und runder (gilt eher für Rotwein)
  • Trennen des Depots vom Wein 
Davon profitieren beispielsweise junge Rotweine, deren reduktive Aromen (Gärung findet ja unter Ausschluss von Luft statt) durch den Sauerstoff ausgeglichen werden. Die Sekundäraromen können die Primäraromen, die der junge Wein hat, ablösen. Die kräftigen und rauen Tannine werden an der Luft weicher und runder gespült. Der Wein präsentiert sich insgesamt ausgewogener und reifer.
Auch bei Weißweinen kann ein Belüften, ein atmen lassen oftmals helfen. Besonders sinnvoll und markant empfinde ich die Wirkung bei jungen Weißweinen, die im Holzfass (meist Barrique, dann bekommt er nämlich meist auch ein paar Tannine) ausgebaut wurden, welche dann samtig, weicher und in sich harmonisch werden. 
Als letztes wären alte Rotweine zu nennen, die zwar dekantiert werden, das aber aus keinem der beiden oben genannten Gründe. Alte Weine weisen oft etwas Depot (feste Rückstände) am Flaschenboden auf und durch Dekantieren wird der Wein von eben diesem getrennt. Das Depot (das meist bitter schmeckt und deswegen nicht getrunken werden will) bleibt in der Flasche und landet nicht da, wo es nicht hin soll. Alle sind happy!

Doch in den letzten Jahren kamen immer neue Systeme des Belüftens auf den Markt. Spezielle Gläser, noch speziellere Karaffen, Ausgießer und Gott weiß, was für andere verrückte Produkte noch. Vermutlich am beliebtesten dieser Alterativen sind Ausgießer (zur Veranschaulichung hier klicken). Sie werden einfach ähnlich eines Korkens in den Flaschenhals gesteckt und belüften dank unterschiedlichster interessanter Techniken den Wein beim Ausgießen oder Einschenken. 
Dabei gibt es nur eine Frage, die sich mir sofort stellte (eher ein Problem):
Wie beeinflusse ich die "Intensität des Belüftens" (äquivalent der Dauer des Einflusses der Luft auf den Wein bei einer Karaffe)? Bei der Karaffe bestimme ich durch die Verweildauer des Weins in selbiger, wie lange bzw. intensiv er Kontakt mit der Luft hat. Bei solch einem Ausgießer gibt es keine Stellrädchen. Er fließt durch und sobald er im Glas ist, ist er belüftet. Bei der Karaffe kann ich sagen: "Eine Stunde reicht!" Und wenn der Wein nach einer Stunde noch etwas vertragen könnte, dann bleibt er eben noch etwas stehen. Diese Möglichkeit bleibt mir beim Ausgießer nicht.

Das Thema Dekantieren bzw. Karaffieren ist keine exakte Wissenschaft. Dass bei alten Weinen das Depot vom Wein getrennt werden muss ist klar. Doch welcher Wein atmen muss und welcher nicht liegt nicht zuletzt auch am Geschmack des Weintrinkers. Und nicht immer profitiert ein Wein vom Belüften. Hier gilt es, auszuprobieren und zu testen um selbst einen kleinen Erfahrungsschatz aufzubauen, der hilft, die richtige Entscheidung zu treffen.


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